ACHTUNG! Wichtiger Hinweis zum Coronavirus

Maßnahmen hinsichtlich des Corona-Virus

Aus gegebenem Anlass müssen wir zum Schutz unserer Mitarbeiter und Mandanten Maßnahmen ergreifen sowie absichern, dass der Betrieb unserer Kanzlei so lange wie möglich aufrechterhalten werden kann. Bitte beachten Sie daher die nachfolgenden Informationen und Hinweise:

Die aktuelle Gesundheitssituation zwingt uns dazu, persönliche Begegnungen auf ein Minimum zu reduzieren. Wir möchten deshalb Besprechungen in unserer Kanzlei bis auf Weiteres absagen, sofern persönliche Termine (z.B. zur Unterzeichnung von Dokumenten) nicht unausweichlich erforderlich sind und sich die entsprechenden Angelegenheiten nicht telefonisch klären lassen.

Sofern persönliche Termine erforderlich sind, müssen die Hygienevorgaben nach der Corona-SchutzVO, der Allgemeinverfügung zur Anordnung von Hygieneauflagen zur Verhinderung der Verbreitung der CoronavirusKrankheit-2019 (COVID-19) und der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung eingehalten werden. Dies bedeutet:

  1. Personen mit COVID-19-Verdacht haben keinen Zutritt zu unserer Kanzlei. Wenn Sie folgende Symptome haben
    • Fieber
    • Erkältungssymptome (trockener Husten, Schnupfen)
    • Geruchs- und Geschmacksverlust oder
    • akute Atembeschwerden

bitten wir Sie darum, unsere Kanzleiräume nicht zu betreten.

  1. Beim Betreten unseres Kanzleigebäudes ist eine medizinische Gesichtsmaske oder eine FFP2-Maske zu tragen.
  2. Es ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten und auf persönliche Berührungen zu verzichten.
  3. Im Eingangsbereich steht ein Desinfektionsspender zu Verfügung.

Wir möchten um Ihr Verständnis und Ihre Rücksichtnahme bitten.

Informationen zu den neuen Umsatzsteuersätzen

mit diesem Schreiben wollen wir Sie über die wichtigsten Sachverhalte informieren, die sich aus der Senkung der Umsatzsteuersätze ergeben. Wir haben dieses Schreiben bewusst kurz und umgangssprachlich gehalten, damit Sie sehr schnell einen Überblick erhalten. Als Anlage zu diesem Schreiben fügen wir eine erweiterte und damit umfangreichere Fassung bei.

1. Stichtag für die Berechnung der Umsatzsteuer

Entscheidend ist in der Regel, wann eine Ware geliefert oder eine Dienstleistung vollständig erbracht ist. Der Umsatzsteuersatz, der zu diesem Zeitpunkt gilt, ist anzuwenden.

2. Leistungen, die über einen längeren Zeitraum andauern

Auf Leistungen, z.B. Handwerkerleistungen, die in der Zeit vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 beendet werden, sind grundsätzlich die neuen Umsatzsteuersätze anzuwenden.

3. Bereits bestellte, aber nach dem Stichtag gelieferte Waren

Beim Kauf von Waren ist entscheidend, wann Sie diese erhalten. Erfolgt die Lieferung in der Zeit vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020, sind die neuen Umsatzsteuersätze anzuwenden. Allerdings folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass Sie einen geringeren Kaufpreis zu bezahlen haben oder einfordern dürfen. Dies ist vom Vertrag und der darin mit dem Verkäufer bzw. Käufer getroffenen Vereinbarung abhängig.

4. Laufende Verträge

Bei laufenden Verträgen, wie bspw. Strom, Gas, Wärme oder Wasser ist in der Regel entscheidend, wann die Ablesung erfolgt. Der dann geltende Umsatzsteuersatz ist für den gesamten Abrechnungszeitraum anzuwenden. Die Versorgungsunternehmen können aber auch Zeiträume vor dem 01.07.2020 und Zeiträume im zweiten Halbjahr getrennt abrechnen. Für Zeiträume vor dem 01.07.2020 gilt dann der alte Umsatzsteuersatz, für Zeiten im zweiten Halbjahr der neue Umsatzsteuersatz.

Beim Telefon ist das Ende des Rechnungszeitraums entscheidend. Wird das Telefon beispielsweise vom 15.06.2020 bis zum 14.07.2020 abgerechnet, gilt der neue Umsatzsteuersatz von 16%.

5. Umschreiben von Dauerverträgen

Gibt der Unternehmer die Umsatzsteuersenkung an Kunden weiter, genügt es, in einem weiteren Dokument die neuen Angaben unter Bezugnahme auf den Vertrag schriftlich festzuhalten.

6. Anzahlungen

Entscheidend ist grundsätzlich, wann eine Ware geliefert oder eine Dienstleistung vollständig erbracht ist. Ob eine Anzahlung erfolgt ist, ist für die Höhe der Umsatzsteuer nicht entscheidend.

7. Bestellungen im EU-Ausland

Für Bestellungen bei Unternehmen innerhalb der EU gelten die gleichen Regelungen wie bei Bestellungen im Inland.

8. Zu hoher Umsatzsteuerausweis in der Unternehmerkette

Wird für eine nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.08.2020 erbrachte Leistung 19% Umsatzsteuer anstatt 16% Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen und wird diese Umsatzsteuer an das Finanzamt bezahlt, braucht die Rechnung nicht berichtigt zu werden

Aus einer solchen (falsch ausgestellten) Rechnung darf auch die Vorsteuer gezogen werden.

Wir glauben, dass wir mit diesen 8 Punkten eine Vielzahl der problematischen Fälle abgedeckt haben, stehen Ihnen für Ihre Fragen gerne zur Verfügung. Wir freuen uns, wenn wir Ihnen weiterhelfen dürfen.

 

Anlage zum Mandantenschreiben

Erweiterte Stellungnahme zu den Problemkreisen, die sich aus der Senkung der Umsatzsteuersätze ergeben.

Durch das am 29.06.2020 verabschiedete Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) wurden die Umsatzsteuersätze auf 16% und 5% gesenkt. Dazu hat das Bundesfinanzministerium ein sog. BMF-Schreiben (vom 30.06.2020, Az.: III C 2 – S 7030 / 20 / 10009) erlassen.

1. Die neuen Umsatzsteuersätze

Ab dem 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 beträgt die Umsatzsteuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16% der Bemessungsgrundlage. Ferner beträgt die ermäßigte Umsatzsteuer für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 anstatt 7% nur noch 5% (§ 28 Abs. 1 und 2 UStG).

2. Grundsatz

Maßgebend für die Anwendung der neuen Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Damit kommt es weder auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung, noch auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung oder Rechnungserstellung an (BMF-Schreiben vom 30.06.2020, Rn. 4).

Dies gilt auch für Teilleistungen, wobei es bei Teilleistungen nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung, sondern darauf ankommt, wann die einzelnen Teilleistungen ausgeführt werden.

3. Werklieferungen und Werkleistungen

Entsprechend dem unter Ziff. 2. dargestellten Grundsatz, dass der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die Leistung ausgeführt wird, gilt für Werkleistungen und Werklieferungen, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführt werden, der Umsatzsteuersatz von 16 % oder 5% (BMF-Schreiben vom 30.06.2020, Rn. 20).

Können Werklieferungen und Werkleistungen in Teilleistungen erbracht werden, gilt, dass für vor dem 30.06.2020 erbrachte Teilleistungen die Umsatzsteuersätze von 19% und 7% gelten. Für Teilleistungen, die ab dem 01.07.2020 erbracht werden, sind die befristet geltenden Umsatzsteuersätze von 16% und 5% anzuwenden (BMF-Schreiben vom 30.06.2020 Rn. 21).

Vor dem 01.07.2020 erbrachte Teilleistungen liegen vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.
  2. Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, vor dem 01.07.2020 abgenommen worden sein; ist er Teil einer Werkleistung, muss er vor dem 01.07.2020 vollendet oder beendet worden sein.
  3. Vor dem 01.07.2020 muss vereinbart worden sein, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind. Sind für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, muss die vertragliche Vereinbarung vor dem 01.07.2020 entsprechend geändert werden.
  4. Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.

Praxishinweis:

Aus dem Werkvertrag muss mithin hervorgehen, dass für Teile der Gesamtleistung ein gesondertes Entgelt vereinbart wurde. Danach können für Einzelpositionen Teilleistungen abgerechnet werden, wenn der Werkvertrag ein Leistungsverzeichnis, eine Leistungsbeschreibung, Mengen und Preise enthält.

Enthält der Werkvertrag lediglich eine Vereinbarung über zu zahlende Abschlagszahlungen, können Teilleistungen nicht abgerechnet werden. Das gleiche gilt, wenn lediglich ein Festpreis für ein Gesamtwerk vereinbart wurde. Dann können mit steuerlicher Wirkung Teilleistungen nur anerkannt werden, wenn in der geänderten Vereinbarung der Gesamtpreis in mit Preisen versehenen Einzelpositionen aufgeteilt wird.

4. Dauerleistungen

Auch bei Dauerleistungen gilt der Grundsatz, dass die Umsatzsteuersätze gelten, die im Zeitpunkt der Leistungserbringung gelten.

Auf Dauerleistungen, die vor dem 01.07.2020 erbracht werden sind die bisherigen 19 bzw. 7%igen Steuersätze anzuwenden. Für Dauerleistungen, die nach dem 30.06.2020 erbracht werden, sind die befristet geltenden Umsatzsteuersätze von 16% und 5% maßgebend.

Für Nebenleistungen richtet sich die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt der Ausführung der Hauptleistung und zwar auch dann, wenn für die Nebenleistung ein anderer Abrechnungszeitraum als für die Hauptleistung vereinbart ist. Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind, sind an die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 geltenden Umsatzsteuersätze anzupassen.

5. Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferung sowie die Abwasserbeseitigung

Gemäß dem allgemeinen Grundsatz (siehe Ziff. 2) wird der gesamte Abrechnungszeitraum mit den befristet geltenden Umsatzsteuersätzen von 16% und 5% besteuert, wenn der Ablesezeitraum nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 endet.

Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn die Leistung im Verhältnis der Tage vor und ab dem 01.07.2020 aufgeteilt werden, sofern der Ablesezeitpunkt in die Zeit nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 fällt.

Auf der anderen Seite soll auch nicht beanstandet werden, wenn Rechnungen über Abschlagszahlungen, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 fällig werden, nicht berichtigt werden, sofern dementsprechend Umsatzsteuer in Höhe von 19% und 7% abgeführt und erst in der Endabrechnung berichtigt wird.

Dementsprechend wird es aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden sein, wenn vorsteuerabzugsberechtigte Kunden aus den Abschlagsrechnungen einen Vorsteuerabzug auf der Grundlage von 19% und 7% geltend machen und der Vorsteuerabzug für die gesamte Leistung erst auf der Grundlage der vorstehenden Endabrechnung korrigiert wird.

6. Umsatzbesteuerung und Vorsteuerabzug bei der Abrechnung von Teilentgelten

Für Vorauszahlungs- oder Abschlagsrechnungen, die vor dem 01.07.2020 gelegt und bezahlt werden, die Leistung aber nach dem 30.06.2020 ausgeführt wird, sind die neuen befristet geltenden Umsatzsteuersätze anzuwenden.

Wird eine Vorauszahlungs- oder Abschlagsrechnung mit 19% oder 7% vor dem 01.07.2020 erstellt und bezahlt, die Leistung aber nach dem 30.06.2020 ausgeführt, ist der Leistungsempfänger berechtigt, die in der jeweiligen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, wenn er die Rechnung erhalten und bezahlt hat. Einer Berichtigung des Steuerausweises in diesen (Anzahlungs-) Rechnungen bedarf es nicht, wenn in einer Endrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit den ab 01.07.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16% bzw. 5% ausgewiesen wird.

7. Umsatzbesteuerung und Vorsteuerabzug bei der Erteilung von Vorausrechnungen für nach dem 30.06.2020 ausgeführten Leistungen

7.1 Keine Entgeltsvereinnahmung vor dem 01.07.2020

Legt der Unternehmer für Leistungen, die er nach dem 30.06.2020 ausführt vor dem 01.07.2020 Rechnung, gelten die neuen befristeten Umsatzsteuersätze von 16% und 5%.

Die Steuer entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Leistung erbracht wird (§13 Abs. 1 Nr. 1 a UStG).

Der Leistungsempfänger kann die ausgewiesene Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum als Vorsteuer abziehen, in dem die Leistung oder Teilleistung an ihn ausgeführt wird.

7.2 Entgeltsvereinnahmung vor dem 01.07.2020

Legt der Unternehmer für Leistungen, die er nach dem 30.06.2020 ausführt, vor dem 01.07.2020 Rechnung und vereinnahmt er das gesamte in Rechnung gestellte Entgelt, sind die alten Steuersätze von 19% bzw. 7% anzuwenden.

Es bestehen keine Bedenken dagegen, wenn der Unternehmer im Voranmeldungszeitraum der Entgeltsvereinnahmung nur die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16% bzw. 5% berechnet und abführt.

8. Abrechnung von Leistungen und Teilleistungen im Rahmen der Istversteuerung von Anzahlungen

Hat der Unternehmer für eine nach dem 30.06.2020 ausgeführte Leistung oder Teilleistung vor dem 01.07.2020 Teilentgelte vereinnahmt, ist bei der Erteilung der Endrechnung zu berücksichtigen, dass die Besteuerung nach den nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 befristet geltenden Umsatzsteuersätzen von 16% bzw. 5% vorzunehmen ist. Bereits mit 19% oder 7% besteuerte Anzahlungen zu nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführten Umsätzen sind zu korrigieren.

9. Steuerausweis bei langfristigen Verträgen

Bei Verträgen, die vor dem 01.07.2020 abgeschlossen wurden, sind Rechnungen über Leistungen, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführt werden, mit den befristet geltenden Umsatzsteuersätzen von 16% und 5% zu erteilen.

10. Änderungen der Bemessungsgrundlage

Entgeltsminderungen oder -erhöhungen sind mit dem Steuersatz zu berichtigen, mit dem die Leistung besteuert wurde. Dies gilt sowohl im Fall der Besteuerung nach vereinnahmten als auch vereinbarten Entgelten.

Sofern eine Entgeltminderung für eine steuerpflichtige Leistung vorliegt, hat der Unternehmer die dafür geschuldete Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen.

Erstattet der Unternehmer die von ihm ausgegebenen Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheine in der Zeit vom 01.07.2020 bis zum 31.08.2020, ist die Umsatzsteuer mit den bis zum 30.06.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 19% zu berichtigen. Bei der Erstattung von Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheinen nach dem 31.08.2020 und vor dem 01.01.2021 ist die Umsatzsteuer mit dem ab 01.07.2020 geltenden allgemeinen Umsatzsteuersatz von 16% bzw. 5% zu berichtigen. Für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, gilt diese Vereinfachung entsprechend.

11. Gaststätten

Durch das (erste) Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.06.2020 wurde in § 12 Abs. 2 UStG eine neue Nr. 15 eingefügt, die besagt, dass für „die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.07.2021 erbrachten Restaurants – und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.“ der ermäßigte Steuersatz gilt.

Sonach beträgt die Steuer auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen ab 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 nur noch 5%.

12. Pfand

Erstattet der Unternehmer Pfandbeträge in der Zeit vom 01.07.2020 bis zum 30.09.2020, ist die Umsatzsteuer, soweit die zugrundeliegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, nach dem bis zum 30.06.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19% zu berichtigen. Bei der Erstattung von Pfandbeträgen nach dem 30.09.2020 ist die Umsatzsteuer nach dem ab 01.07.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16% zu berichtigen. Bei dem Dreimonatszeitraum wird davon ausgegangen, dass der Bestand an Warenumschließungen sich viermal jährlich umschlägt. Bei kürzeren oder längeren Umschlagzeiträumen ist der Zeitraum, in dem die Entgeltminderungen noch mit dem Steuersatz von 19% zu berücksichtigen sind, entsprechend zu kürzen oder zu verlängern.

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Gewerbliche Mietverträge und Corona-Pandemie: Anpassung des Mietzinses

COVID-19-Gesetz: hier geht es zum Gesetzestext

In unserem ersten Mandantenrundschreiben vom 02.04.2020 haben wir u.a. umfassend über den vorübergehenden Kündigungsschutz bei Mietverträgen durch das Covid-19 Gesetz berichtet. Dementsprechend bleibt der Mieter grundsätzlich zur Mietzahlung verpflichtet. Zahlt er nicht, gerät er in Verzug und muss zusätzlich Zinsen begleichen. Unser heutiges, nunmehr 3. Mandantenrundschreiben zeigt Lösungsmöglichkeiten für den Mieter auf, die bei Gewerberaummietverträgen neben einer Stundungsvereinbarung in Betracht kommen:

  • Anspruch auf Herabsetzung der Miete aufgrund „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 Abs. 1 BGB)
  • Voraussetzungen und Abwägungen im Allgemeinen
  • Zumutbarkeit der Miete aufgrund staatlicher Fördermöglichkeiten
  • Betroffenheit anderer Einnahmequellen durch die Corona-Pandemie
  • Hinweise für Verhandlungen mit dem Vermieter
  • Weitere Reaktionsmöglichkeiten des Mieters

 

I. Vorbemerkungen

Uns erreichen momentan zahlreiche Anfragen, ob der gewerbliche Mieter die Miete mindern kann, wenn durch die Folgen der Pandemie, bzw. durch die Allgemeinverfügung das Geschäft geschlossen bleiben muss und die Umsätze ausbleiben. Die Untersagung des Betriebs auf gewerblichen Mietflächen wegen der Covid-19-Pandemie stellt zunächst keinen Mangel des Mietgegenstands dar und berechtigt daher nicht zu Mietminderungen gem. § 536 Abs. 1 BGB.

Mieter, die von den derzeitigen Covid-19-Maßnahmen existentiell betroffen sind, können jedoch unter Umständen gem. § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Mietverhältnisses wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen.

 

II. Anspruch auf Mietherabsetzung laut § 313 Abs. 1 BGB

1. Zumutbarkeit der Situation

1.1 Gemäß § 313 Abs. 1 BGB können die Parteien eines Vertrags die Anpassung des Vertrags verlangen, wenn sich nach Vertragsschluss Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, schwer wiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten. Weitere Voraussetzung ist, dass der eine Änderung verlangenden Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

1.2 Im Schuldrecht gilt der Grundsatz der Vertragstreue. Demzufolge sind geschlossene Verträge in der Regel auch dann einzuhalten, wenn sie für eine Partei aufgrund nach dem Vertragsabschluss eingetretener Umstände nachteilig geworden sind. § 313 Abs. 1 BGB eröffnet eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertragstreue, der grundsätzlich an erhöhte Anforderungen gebunden ist.

 

2. Unvorhersehbare Umstände

2.1  Nach der Rechtsprechung des BGH wird die Grundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien gebildet (BGH, BeckRS 2019, 35944 Rz. 21). Im Falle von Covid-19 werden zumindest die Parteien aller vor Beginn des Jahres 2020 geschlossenen Mietverträge bei Vertragsabschluss eine solche Pandemie nicht vorhergesehen haben. Sie gingen davon aus, dass eine solche Entwicklung nicht eintreten würde. Dieser Umstand hat sich schwerwiegend geändert. Hätten die Parteien dies vorhergesehen, hätten sie Mietverträge entweder gar nicht oder nur mit entsprechenden Regelungen abgeschlossen. Noch weniger hat jemand damit gerechnet, dass durch staatliche Anordnung Geschäfte geschlossen werden und so massiv in die Grundrechte der Gewerbetreibenden eingegriffen wird (Art. 12 GG).

2.2 Grundsätzlich gehören behördliche Eingriffe zu den möglichen Störungen im Sinne von § 313 I GB (Palandt/Grüneberg, 20.Aufl. § 313 BGB, Rz. 34).

 

III.  Ausschluss des Anspruchs auf Mietanpassung

1. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB ist jedoch i.d.R. ausgeschlossen, wenn es um die Verwirklichung eines Risikos geht, das durch die vertragliche Risikoverteilung einer Vertragspartei bereits zugewiesen worden ist.

2. Allgemeine Risikoabwägungen hinsichtlich Gewerberaummietvertrag

2.1  Der Mieter trägt zwar grundsätzlich das sog. Verwendungsrisiko. Für das gesetzlich angeordnete Rauchverbot wurde das durch den BGH zu Lasten der Mieter entschieden. Ob auch die Covid-19-Betriebsverbote wegen ihres fehlenden Bezugs zur Beschaffenheit des Mietgegenstands dazu gehören, sei dahingestellt. Denn umgekehrt trägt der Vermieter das Risiko der fehlenden Fähigkeit zur Gebrauchsüberlassung (MüKo, § 313, Rz. 73; BGH ZMR, 1996, 309).

2.2  Abweichungen vom vorgenannten Grundsatz können in extremen Ausnahmefällen gelten, “in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt” (BGH, NJW 2020, 331). In dem Fall des BGH hatte eine Gemeinde Räume zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet und wollte sich vom Vertrag lösen, nachdem die erwarteten Flüchtlinge ausblieben. Hier, so der BGH, habe sich das Verwendungsrisiko der Gemeinde verwirklicht und deshalb sei für die Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB kein Raum, auch wenn die Gemeinde für die Räume keine Verwendung hatte. Entscheidend war dabei für den BGH, dass die Mietzahlungspflicht trotz des Ausbleibens der erwarteten Flüchtlinge für die Gemeinde als Mieter keine existentiell bedeutsamen Folgen hatte.

2.3  Ein wesentlicher Gesichtspunkt, der für oder gegen ein Anpassungsrecht des Mieters spricht, ist die vertragliche Regelung zur Risikoverteilung. Dabei kam es entscheidend auf die potentielle Vorhersehbarkeit der wirtschaftlichen Unmöglichkeit an. Für die vorliegende Pandemie indes gilt, dass die Unmöglichkeit der Gewinnerzielung für einen längeren Zeitraum bei Vertragsschluss gerade NICHT absehbar war.

2.4  Mag man das für ein vorübergehendes Zugangshindernis (z.Bsp. öffentliche Baustelle) noch bejahen und insoweit das Verwertungsrisiko dem Mieter zuschreiben, so findet das jedenfalls dann Grenzen, wenn die Folgen der Pandemie und der behördlichen Zwangsschließung auf den Umsatz über einen längeren Zeitraum spürbar bleiben. Insofern kann keine Rede davon sein, dass der Mietvertrag eine voraussehbare vertragliche Risikoübernahme enthält, die sich durch die aktuelle Pandemie verwirklicht hätte.

Der Mieter kann also ggf. die Verwirklichung eines Risikos geltend machen, das er mit Abschluss des Mietvertrags mangels Vorhersehbarkeit nicht übernommen hat.

3. Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Im Ergebnis kann sich der Vermieter auf eine Risikoverteilung zu Lasten des Mieters im Rahmen von § 313 I BGB dann nicht mehr berufen, wenn der verteilte Risikobereich überschritten wurde. Wenn also ein so krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, dass ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist (BGH BB 56, 254). Das sind praktisch die Fälle, in denen die frühere Rechtsprechung wirtschaftliche Unmöglichkeit angenommen hat (Palandt/Grüneberg, 20. Aufl. § 313 BGB, Rz. 32). Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Herstellungskosten auf das 15fache oder nur um 60 % steigen; das zu verarbeitende Material beschlagnahmt wird; wenn der Betrieb brennt oder das Material durch höhere Gewalt zerstört wird und kaum wiederbeschafft werden kann. Das müsste also erst Recht gelten, wenn durch behördliche Maßnahme der Mieter keinen Umsatz mehr erwirtschaften kann und diesen Umsatz auch nicht durch alternative Vertriebskanäle kompensieren kann.

4. Existenzbedrohung

Es kommt letztlich auch darauf an, ob die nicht vorhergesehene Änderung der Umstände, hier also die Pandemie, für eine Partei mit unter Umständen existentiell bedeutsamen, unzumutbaren Folgen einhergeht. Wo die Grenze der Zumutbarkeit verläuft, hängt dabei von der Art des Vertrags, der aufgetretenen Störung sowie von den Umständen des Einzelfalls ab (Lorenz, in: BeckOK BGB, 53. Ed. 01.02.2020, § 313 Rz. 31). Es ist also im Einzelfall von Bedeutung, welche Rolle der Mietgegenstand im Gesamtbetrieb des Mieters spielt. Ebenso kommt es darauf an, inwiefern andere Einkommensquellen des Mieters von der Pandemie oder den Pandemiemaßnahmen betroffen sind und ob der Mieter staatliche Hilfsmaßnahmen in Anspruch nehmen kann.

 

IV. Verhandlungsgestaltung

1. Verhandlungsdurchführung

Besteht ein Anspruch auf Vertragsanpassung, ist der Vermieter zur Mitwirkung bei der Anpassung verpflichtet. Er muss ergebnisorientiert verhandeln. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, verletzt er eine vertragliche Mitwirkungspflicht. Er kann deshalb gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig werden (BGH, NJW 2012, 373 Rz. 33). Wenn der Vermieter sich einem berechtigten Anpassungsverlangen verschließt, kann der Mieter die Anpassung auch gerichtlich durchsetzen (was es durch eine einvernehmliche Einigung gerade zu vermeiden gilt). Hierzu müsste er die ausformulierte Änderung des Vertrags zum Gegenstand der Klage machen (BGH, NJW 2012, 373 Rz. 34).

2. Möglichkeiten der Vertragsänderung

Kommt es zu Anpassungsverhandlungen oder will der Mieter eine angemessene Anpassung seines Vertrags einklagen, ist bei der Anpassung insbesondere auch über die Anwendung flexibler Mietmodelle nachzudenken. Diese können beispielsweise auf den Umsätzen des Mieters im Mietgegenstand beruhen. Daneben kommt vorrangig eine teilweise oder vollständige Aussetzung der Mietzahlungspflicht in Betracht. Grundsätzlich soll eine flexible Befristung solcher Vertragsänderungen erwogen werden, damit nicht nachverhandelt werden muss, wenn Betriebsverbote oder Betriebsbeschränkungen länger oder kürzer andauern als erwartet.

 

V. Weitere Handlungsalternativen des Mieters

1. Solange es nicht zu einer angemessenen Vertragsanpassung gekommen ist, kann der Mieter unangemessenen Zahlungsverlangen des Vermieters gem. § 242 BGB als Einrede entgegenhalten, dass er nicht zur Zahlung von Beträgen verpflichtet sein kann, wenn er diese aufgrund seines Anpassungsanspruchs umgehend wieder herausverlangen könnte. Er muss also, solange er andernfalls existentiell betroffen wäre, nur die in seiner individuellen Situation angemessene Miete zahlen. Gemäß Artikel 240 EGBGB, § 2 droht insoweit bis 30.6.2022 auch keine Kündigung.

2. Die einseitige Festlegung der vermeintlich rechtmäßigen Miethöhe ist jedoch problematisch und sollte möglichst nicht ohne Rechtsbeistand erfolgen, um (kostenauslösende) Streitigkeiten mit dem Vermieter zu vermeiden.

3. Als Ultima Ratio sieht § 313 Abs. 3 BGB zudem das Recht zur Kündigung des Vertrags vor, wenn eine Anpassung rechtswidrig verweigert, nicht möglich ist oder einer Vertragspartei nicht zumutbar ist.

 

VI. Handlungsempfehlung

Betroffene gewerbliche Mieter sollten also nach zwingender Bewertung ihres Einzelfalles bzw. anwaltlicher Beratung den Vermieter zunächst auffordern, über eine Mietanpassung zu verhandeln. Das betrifft in erster Linie den Zeitraum der angeordneten Schließung (derzeit bis 20.04.2020). Soweit den Mieter auch darüber hinaus die mittelfristigen Folgen der Pandemie durch den Ausfall an Kunden und Umsatz nicht absehbar ist, müsste auch über eine länger andauernde Mietanpassung verhandelt werden. Unsere Kanzlei steht Ihnen hierzu gern zur Verfügung.

hier geht es zu unserem Mandantenrundschreiben vom 02.04.2020

hier geht es zu unserem Mandantenrundschreiben vom 07.04.2020

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Änderungen im Insolvenz- und Gesellschaftsrecht gem. COVID-19-Gesetz

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID – 19 Pandemie vom 25.03.2020, BGBl. I, Seite 569f, vom 27. März 2020 („COVID-19 Gesetz“)

Erläuterungen zu Änderungen im Insolvenz- sowie im Gesellschaftsrecht

In unserem Mandantenrundschreiben vom 02.04.2020 haben wir Sie umfassend über die Änderungen im Vertragsrecht aufgrund des COVID-19 Gesetzes informiert. Mit dem heutigen Rundschreiben möchten wir Ihnen weiterführend die Neuerungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht vorstellen, die ebenfalls Gegenstand des COVID-19 Gesetzes sind. Dabei geht es insbesondere um Folgendes:

  • Aussetzung der Pflicht zur Einreichung des Insolvenzantrages bis zum 30.09.2020
  • Zahlungen des Geschäftsführers zur Aufrechterhaltung des Betriebes und Insolvenzverschleppung
  • Virtuelle Hauptversammlung bei Aktiengesellschaften
  • Beschlussfassung per E-Mail in GmbHs und Vereinen

 

I. Insolvenzrecht (Artikel 1 des COVID-19 Gesetzes)

1. Geltungsbeginn der Gesetzesänderungen

Die Änderungen im Insolvenzrecht, die im Folgenden lediglich in Ausschnitten zusammenfassend dargestellt werden, treten rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft (vgl. Artikel 6 des COVID-19 Gesetzes).

 

2. Insolvenzantragspflicht des Schuldners

Eine der Neuerungen betrifft die Insolvenzantragspflicht von Geschäftsführern und Vorständen gem. § 15a InsO sowie des Vereinsvorstandes gem. § 42 Abs. 2 BGB. Diese Pflicht zur zeitnahen Einreichung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, es sei denn:

  • die Insolvenz beruht nicht auf Auswirkungen der Corona-Pandemie

oder

  • die Zahlungsunfähigkeit wird voraussichtlich weiterhin bestehen.

Die Prüfung dieser Ausschlusskriterien wird dabei wie folgt erleichtert: Sofern zum 31.12.2019 nachweislich keine Zahlungsunfähigkeit vorlag, gilt eine Vermutung dahingehend, dass die Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht aufgrund der Corona-Pandemie vorliegen (vgl. Artikel 1 § 1 des COVID-19 Gesetzes).

 

3. Insolvenzantragsrecht der Gläubiger

Flankierend dazu wird durch das COVID-19 Gesetz das Recht der Gläubiger suspendiert, ihrerseits einen Eröffnungsantrag nach § 14 InsO zu Lasten des Schuldners zu stellen (vgl. Artikel 1 § 3 des COVID-19 Gesetzes). Diese Suspendierung gilt für Gläubigeranträge zwischen dem 28.03. und 28.06.2020, sofern nicht die Insolvenzreife bereits am 01.03.2020 vorlag.

 

4. Geltungsdauer der Änderungen

Beide Neuregelungen zu den Insolvenzanträgen gemäß vorstehend Ziff. 2 und 3 können durch bloße Rechtsverordnung bis zum 31.03.2021 verlängert werden (vgl. Artikel 1 § 4 des COVID-19 Gesetzes).

 

5. Zahlungsverbote

Darüber hinaus gelten die von Geschäftsführern einer GmbH vorgenommenen Zahlungen zur Weiterführung des Geschäftsbetriebes während der rechtmäßigen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht als ordnungsgemäß gem. § 64 S. 2 GmbHG. Gleiches trifft beispielsweise für Zahlungen von Aktiengesellschaften gem. § 92 Abs. 2 AktG zu (vgl. Artikel 1 § 2 Abs. 1 Nr. 1 des COVID-19 Gesetzes).

 

6. Insolvenzverschleppung und Insolvenzanfechtung

Weitere Änderungen zur Unterstützung von Schuldnern und deren Vertragspartnern betreffen die während des Aussetzungszeitraumes für Insolvenzanträge gewährten Kredite, die nicht als Insolvenzverschleppung gewertet werden sollen, sowie die Einschränkungen von diversen Insolvenzanfechtungsrechten u.a. im Zusammenhang mit eingeräumten Zahlungserleichterungen zu Gunsten des Schuldners (vgl. Artikel 1 § 2 Abs. 3 und 4 des COVID-19 Gesetzes).

 

II. Gesellschaftsrecht (Artikel 2 des COVID-19 Gesetzes)

1. Geltungsbeginn der Gesetzesänderungen

Die Änderungen im Gesellschaftsrecht, die hier ebenfalls nur zusammenfassend aufgeführt werden, sind am 28.03.2020 in Kraft getreten und gelten bis zum 31.12.2021 (vgl. Artikel 6 des COVID-19 Gesetzes).

 

2. Aktiengesellschaften

2.1 Einberufung und Durchführung von Hauptversammlungen

Aufgrund des COVID-19 Gesetzes greifen Erleichterungen bei der Durchführung von Hauptversammlungen im Jahr 2020. Namentlich dürfen auch ohne Ermächtigung in der Satzung sog. virtuelle Hauptversammlungen abgehalten werden, bei denen beispielsweise die Teilnahme und die Abstimmung durch die Aktionäre über elektronische Kommunikationsmittel erfolgen. Hierüber kann der Vorstand unter gewissen Voraussetzungen entscheiden (vgl. Artikel 2 § 1 Abs. 1 und 2 des COVID-19 Gesetzes).

Darüber hinaus gilt eine Verkürzung der Einberufungsfrist für die Hauptversammlung auf 21 Tage, die zudem innerhalb des Geschäftsjahres stattfinden kann (vgl. Artikel 2 § 1 Abs. 3 und 5 des COVID-19 Gesetzes).

Der Vorstand benötigt für die Umsetzung dieser Möglichkeiten der Versammlungseinberufung und –durchführung jedoch zwingend die Zustimmung des Aufsichtsrates (vgl. Artikel 2 § 1 Abs. 6 des COVID-19 Gesetzes).

 

2.2 Handlungsempfehlung

Da bei der Vorbereitung von Hauptversammlungen einer Aktiengesellschaft stets zahlreiche gesetzlich vorgeschriebene Formalien zu beachten sind, sollten die obigen Ausführungen jedoch nicht zu einer übereilten Einberufung führen, sondern eine sorgfältige Planung im Vorfeld erfolgen. Unsere Kanzlei steht Ihnen gern zur Verfügung, um ggf. durch Formfehler unwirksame Beschlüsse zu vermeiden.

 

3. Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs)

3.1 Durchführung von Gesellschafterversammlungen

In Abweichung von der sonstigen gesetzlichen Regelung des GmbHG können Beschlüsse im Jahr 2020 in der sog. Textform (z.B. per E-Mail) oder mittels schriftlicher Stimmenabgabe getroffen werden, selbst wenn nicht alle Gesellschafter mit dieser Form einverstanden sind (vgl. Artikel 2 § 2 des COVID-19 Gesetzes). Damit soll den eingeschränkten Versammlungsmöglichkeiten während der Corona-Pandemie Rechnung getragen werden, ohne die internen Entscheidungsprozesse der Gesellschafter lahm zu legen. Indes ist eine virtuelle Gesellschafterversammlung – ähnlich den oben beschriebenen Regelungen bei der Aktiengesellschaft – nicht vorgesehen.

 

3.2 Handlungsempfehlung

Ungeachtet dieser Erleichterungen sollte zur Vermeidung von späteren Streitigkeiten an eine zusammenfassende und veröffentlichte Protokollierung sowie Feststellung des Beschlussergebnisses gedacht werden. Gern stehen wir Ihnen hierbei unterstützend zur Seite, da die Versammlungsdurchführung von dem ggf. gewohnten Prozedere abweicht und Fragen aufwirft.

Ferner betrifft die Regelung des COVID-19 Gesetzes nur die Entscheidung hinsichtlich der Art und Weise der Versammlungsdurchführung. Davon zu unterscheiden ist die Beschlussfassung durch die letztendlich abstimmenden Gesellschafter in der Sache selbst. Die hierfür erforderlichen Mehrheitsverhältnisse ergeben sich aus der Satzung der Gesellschaft.

 

4. Umwandlungen

4.1 Bilanzstichtag

Umwandlungen von Unternehmen dürfen nach bisheriger Gesetzeslage nicht im Handelsregister eingetragen werden, wenn der Stichtag der zugrundeliegenden Bilanz mehr als 8 Monate zurückliegt. Diese Frist wurde nunmehr auf 12 Monate bei Eintragungen im Jahr 2020 verlängert, damit mögliche Verzögerungen bei der Beschlussfassung nicht am Ende zum Scheitern der Umwandlung führen (vgl. Artikel 2 § 4 des COVID-19 Gesetzes).

 

4.2 Handlungsempfehlung

Unsere interdisziplinäre Kanzlei aus Rechtsanwälten und Steuerberatern steht Ihnen mit langjähriger Erfahrung auch und gerade während der Corona-Pandemie zur Seite, wenn es insbesondere um die Bilanzerstellung und die rechtliche Umsetzung der Umwandlung aus einer Hand geht.

 

5. Vereine

Auch für die Mitgliederversammlungen von Vereinen im Jahr 2020 gelten Erleichterungen. Denn die Beschlüsse sind ohne persönliches Treffen aller Mitglieder wirksam, sofern mindestens die Hälfte bis zum Versammlungstermin in Textform (z.B. E-Mail) mit der erforderlichen Mehrheit abgestimmt hat (vgl. Artikel 2 § 5 Abs. 3 des COVID-19 Gesetzes).

Darüber hinaus kann der Vorstand die Stimmenabgabe mittels elektronischer Kommunikation ähnlich wie bei der Aktiengesellschaft vorsehen (vgl. Artikel 2 § 5 Abs. 2 Nr. 1 des COVID-19 Gesetzes).

Wie Sie gesehen haben, enthält auch dieses aktuelle Rundschreiben wieder einige Aspekte aufgrund der Neuregelungen durch das COVID-19 Gesetz, deren Verständnis und Umsetzung nicht trivial sind. Wir hoffen, Ihnen auf diesem Weg einige nützliche Informationen an die Hand gegeben zu haben.

Sollten Sie weitere Fragen zum Umgang mit den Neuregelungen in Ihrem Unternehmen haben, steht Ihnen unsere interdisziplinäre Kanzlei gern zur Verfügung. Ihr kompetenter und erfahrener Ansprechpartner bei allen Angelegenheiten zum Gesellschafts- und Insolvenzrecht ist dabei Herr RA/StB Ralf Stölzel.

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Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID – 19 Pandemie vom 25.03.20207, BGBl. I, Seite 569f, vom 27. März 2020.

Erläuterungen zu Artikel 240 EGBGB neue Fassung

Der Bundestag hat am 25.03.2020 das

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie

nachfolgend „COVID-19 Gesetz“ genannt

 

beschlossen. Veröffentlicht wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt Teil I am 27.03.2020. Mit dem COVID-19 Gesetz wurde die Insolvenzordnung (Aussetzung der Insolvenzantragspflicht), im Gesellschaftsrecht u.a. das Aktien- und das GmbH-Gesetz, die Strafprozessordnung und das Vertragsrecht geändert. Die Regelungen des COVID-19 Gesetzes, die das Vertragsrecht betreffen, sind am 01.04.2020 in Kraft getreten.

Mit diesem Schreiben wollen wir Ihnen die Änderungen im Vertragsrecht aufzeigen.

 

I. Einführung

1. Den Medien sind teils irreführende Mitteilungen zum Inhalt des COVID-19 Gesetzes zu entnehmen, was für diverse Vertragsverhältnisse für Schuldner, die sich nicht näher mit dem Inhalt der Vorschrift befassen, schnell teuer und vor allem rechtlich gefährlich werden kann.

Falsch ist jedenfalls der Gedanke, dass alle Verbraucher und Kleinstunternehmer per Gesetz ihren Zahlungsverpflichtungen ab dem 01.04.2020 nicht mehr ohne weiteres nachkommen müssten. Denn der überwiegende Teil von Dauerschuldverhältnissen dürfte gar nicht tangiert werden.

 

2. Zu unterscheiden ist die vorübergehende Regelung für:

  • Miet- und Pachtverträge über Räume und Grundstücke, Art. 240 § 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes
  • Verbraucherdarlehensverträge (ggf. auch Darlehensverträge mit Kleinstunternehmern), Art. 240 § 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes
  • „wesentliche“, sonstige Dauerschuldverhältnisse, Art. 240 § 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes

 

II. Die einzelnen Vorschriften

1. Moratorium, Art. 240 § 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes

§ 1 des Art. 240 EGBGB ist zunächst ein Auffangtatbestand, denn § 1 des Art. 240 gilt nach dessen Abs. 4 nicht für

  • Miet- und Pachtverträge in Sinne von Art. 240 § 2,
  • Darlehensverträge (nicht nur Verbraucher!) und
  • arbeitsrechtliche Ansprüche (dort gelten derzeit die Regeln des KuG).

Zunächst ist also zu betrachten, für welche beiden Verträge es eine gesonderte Regelung gibt:

 

2. Beschränkung der Kündigungen von Miet- und Pachtverhältnissen, Art. 240 § 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes

2.1 Kein Kündigungsrecht des Vermieters

Nach Art. 240 § 2 Abs. 1 kann der Vermieter von Miet- und Pachtverhältnissen (Art. 240 § 2 Abs. 3) über Grundstücke und Räume nicht allein wegen Verzuges mit den Mietzahlungen, die vom 01.04. bis 30.6.2020 fällig werden, kündigen, wenn die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Pandemie beruht.

 

2.2 Glaubhaftmachung

Der Mieter muss glaubhaft machen, dass er durch die Corona Pandemie betroffen ist. Dies kann in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH 21.12.2006, IX ZB 60/06). z.B. durch Urkunden oder ggf. einer eidesstattlichen Erklärung erfolgen.

In der Begründung des Gesetzesentwurfes ist insoweit ausgeführt:

„geeignete Mittel können insb. d. Nachweis der Antragstellung/Bescheinigung der Gewährung von staatlichen Leistungen, Lohnabrechnungen (w. KuG) u.a. auch Einkommensnachweise … sein. Gewerbliche Mieter können den Zusammenhang … durch Verordnungen oder Verfügungen glaubhaft machen, dass der Betrieb untersagt oder eingeschränkt wurde.“

Ob der Mieter, wie teilweise vertreten wird, wegen des Umfangs der Glaubhaftmachung seine Vermögensverhältnisse offenlegen muss, um die fehlende Liquidität glaubhaft zu machen, hängt sicherlich vom Einzelfall ab.

 

2.3 Handlungsempfehlung:

Mieter werden also vorrangig gehalten sein, die im Zusammenhang mit der Corona Pandemie vom Staat zur Verfügung gestellten Mittel zu beantragen, um den Zeitraum der Unmöglichkeit der Zahlung – soweit überhaupt – möglichst gering zu halten. Die Beantragung von staatlichen Mitteln ist ohnehin dringend zu empfehlen, weil die so entstehende „Zwangskreditierung“ der Miete für den Mieter aufgrund der Verzugsfolgen sehr kostspielig werden kann, siehe dazu unter Ziff. 2.6.

 

2.4 Verpflichtung zur Zahlung der Miete bleibt bestehen

Art. 240 § 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes normiert also keine vorübergehende Zahlungsbefreiung; sondern verschafft den Mietern lediglich einen Kündigungsschutz. Der Mieter bleibt also zur Zahlung der Miete verpflichtet.

Diese Verpflichtung ergibt sich eindeutig aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (BT-Drucksache 19/18110):

Mieter erhalten kein Leistungsverweigerungsrecht. Sie bleiben … zur Leistung verpflichtet und können in Verzug geraten

 

2.5 Ende des Kündigungsschutzes

Der Kündigungsschutz besteht nach Art. 240 § 2 EGBGB in der Fassung des COVID 19 Gesetzes bis 30.06.2022. Die rückständigen Mieten müssen bis zum 30.06.2022 bezahlt werden, um einer Kündigung zu entgehen. Die Mietvertragsparteien können insoweit auch keine abweichenden Vereinbarungen treffen.

 

2.6 Verzugsfolgen

Da der Mieter zur Zahlung der Miete verpflichtet bleibt und in Verzug kommen kann, hätte der Mieter zusätzlich zur Miete die Verzugskosten zu zahlen. Verzugskosten sind auf jeden Fall die vertraglich vereinbarten Verzugszinsen oder die gesetzlichen Verzugszinsen von 5 % (bzw. 9 % bei Unternehmen) über dem Basiszinssatz. Unter Umständen können aber auch Anwaltskosten oder auch Verfahrenskosten, hinzukommen, wenn der Vermieter die Miete eingeklagt. Das kann für Vermieter im Übrigen eine interessante, weil lukrative Anlagemöglichkeit sein, solange er sich um ein Ausfallrisiko beim Mieter keine Sorgen machen muss.

 

2.7 Handlungsempfehlung

Mieter, die von der Corona Pandemie betroffen sind, ist zu empfehlen, mit dem Vermieter rechtzeitig eine schriftliche Stundungsvereinbarung zu treffen. Durch eine Stundungsvereinbarung wird der Verzug, also die Fälligkeit der Mietzahlung beseitigt.

 

2.8 Force Major

Ob bei Gewerbe-Mietverhältnissen die Miete auf Null zu reduzieren ist, weil eine behördliche Betriebsuntersagung, wie beispielsweise bei Restaurants, Friseuren usw. vorliegt, oder wenigstens ein Anpassungsanspruch gegenüber dem Vermieter besteht, weil es sich doch um „höhere Gewalt“ handelt, hängt zunächst von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung des einzelnen Mietvertrags ab. Nötig wird eine gesonderte rechtliche Prüfung der konkret vereinbarten Pflichten des Vermieters und der Verteilung der Risiken sowie auch der Reichweite der behördlichen, pandemiebedingten Nutzungsbeschränkungen. Häufig wird im Mietvertrag der Passus enthalten sein, dass die Nutzungserlaubnis/Genehmigung für den konkreten Betrieb im Verantwortungsbereich des Mieters liegt. Das spricht dann dafür, dass das Risiko der Nutzbarkeit aufgrund behördlichen Einschreitens beim Mieter liegt. Unter ganz besonderen Umständen können sich Mieter ggf. auf eine Befreiung vom Mietzins gemäß § 326 Abs. 1 BGB berufen, weil dem Vermieter die Bereitstellung des Mietobjekts zum vertraglich vereinbarten Gebrauch rechtlich unmöglich geworden ist, oder wegen Störung der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Mietzinses gemäß § 313 BGB verlangen. Grundsätzlich dürfte dies wohl nur ausnahmsweise möglich sein. Zum einen hat der BGH z.B. für Gewerberaummietverträge immer wieder klargestellt (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2010, Az. XII ZR 131/08), dass es in die Risikosphäre des Mieters fällt, die unternehmerischen Erfolgsaussichten seines Geschäfts in der von ihm gewählten Lage abzuschätzen. Zum anderen kann der Vermieter gerade jetzt argumentieren, dass der Gesetzgeber in dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie nur den Ausschluss des Kündigungsrechtes des Vermieters geregelt und insoweit klargestellt hat, dass die Mietzahlungspflicht des Mieters grundsätzlich weiter besteht. Das Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmen wurde gerade nicht auf Miet- und Pachtverhältnisse erstreckt und es wurde auch keine Stundung von Mietzahlungen (wie für Verbraucherdarlehensverträge) aufgenommen. Wenn es also schon kein Leistungsverweigerungsrecht gibt, dann erst Recht kein Recht auf Minderung.

 

3. Regelungen zum Darlehensrecht, Art. 240 § 3, EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes

3.1 Dreimonatige Stundung von Rückzahlungs-, Zins- und Tilgungsansprüchen

Nach Art. 240 § 3 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes gilt für vor dem 15.03.2020 geschlossene Verbraucherdarlehensverträge (also NICHT für andere Darlehensverträge, die dann auch nicht dem Schutz des § 1 unterfallen, vgl. Art 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 !) eine gesetzlich angeordnete Stundung von Rückzahlungs-, Zins- und Tilgungsansprüchen vom 01.04. bis 30.06.2020, also für die Dauer von 3 Monaten, wenn durch die Pandemie Einnahmeausfälle bestehen, so dass dem Darlehensnehmer die Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar sind die Rückzahlungs-, Zins- und Tilgungszahlungen, wenn der Lebensunterhalt des Darlehnsnehmers und / oder der seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.

Diese gesetzliche Stundung gilt also weder für Darlehen unter Privatleuten, noch für Darlehen zwischen zwei Unternehmern. Nach Art. 240 § 3 Abs. 8 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes kann die Bundesregierung diese Regelung allerdings auch auf die Kleinstunternehmen ausdehnen.

 

3.2 Kündigungsschutz

Gem. Art. 240 § 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes besteht bis zum Ablauf der Stundung auch Kündigungsschutz. Hiervon darf nicht durch Vereinbarung abgewichen werden. Der Darlehensvertrag verlängert sich somit nach Art. 240 § 3 Abs. 5 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes um 3 Monate, wenn sich die Vertragsparteien nicht über die weitere Handhabung der Darlehensschuld bis 30.06.2020 einig werden. Das bedeutet, dass dann das Darlehen zu den alten Konditionen weiterläuft und alle Zahlungen 3 Monate später fällig werden (der vereinbarte Zinssatz läuft natürlich weiter). Nach Art. 240 § 4 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes kann die Bundesregierung diesen Zeitraum auf bis zu 12 Monate verlängern. Nach Art. 240 § 3 Abs. 6 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes gilt das für den Verbraucher nicht, wenn dem Darlehensgeber selbst wegen der Pandemie die Stundung unzumutbar ist.

 

3.3 Anderweitige vertragliche Absprachen

Abweichende Vereinbarungen sind nach Art. 240 § 3 Abs. 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes möglich, wie beispielsweise Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen.

 

4. Moratorium, Art. 240 § 1, EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes

Soweit es sich nicht um Miet-/Pachtverträge oder Darlehensverträge handelt, ist zu prüfen, ob nach Art. 240 § 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes ein Leistungsverweigerungsrecht besteht.

 

4.1 Leistungsverweigerungsrecht von Verbrauchern

Ein Verbraucher kann die Zahlung bis 30.06.2020 (vermutlich sogar bis 30.09.2020) nach Art. 240 § 1 Abs. 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes verweigern, wenn

  • es sich um einen Verbrauchervertrag handelt (der andere Vertragspartner muss also Unternehmer sein);
  • es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt,
  • dieses Dauerschuldverhältnis wesentlich ist (erforderliche Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge)
  • das vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde (Angebot und Annahme);
  • der Verbraucher entweder nicht oder
  • nicht ohne Gefährdung seines (oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen)
  • angemessenen Lebensunterhaltes leisten könnte
  • und die Ursache in der COVID-19-Pandemie liegt.

Der Verbraucher kann sich nicht auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechtes für den Gläubiger unzumutbar ist, weil seinerseits dessen wirtschaftliche Grundlagen des Erwerbsbetriebes gefährdet wäre (Art. 240 § 1 Abs. 3 Satz 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes).

 

4.2 Kleinstunternehmer – Leistungsverweigerungsrecht

Ein Kleinstunternehmer (bis zu 9 Beschäftigte und max. 2 Mio. € Umsatz/Jahr) kann die Zahlung bis 30.06.2020 (vermutlich sogar bis 30.09.2020) nach Art. 240 § 1 Abs. 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes verweigern, wenn:

  • es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt,
  • dieses Dauerschuldverhältnis wesentlich ist (erforderliche Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebes)
  • das vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde (Angebot und Annahme);
  • der Kleinstunternehmer entweder nicht oder
  • nicht ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen
  • seines Erwerbsbetriebes leisten könnte
  • und die Ursache in der COVID-19-Pandemie liegt.

Das gilt nach Art. 240 § 1 Abs. 3 Satz 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes nicht, wenn es für den Gläubiger unzumutbar ist, weil:

  • dessen angemessener Lebensunterhalt und der seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährdet wäre ODER
  • die wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebes gefährdet wären.

 

4.3 Kündigungsmöglichkeit

Soweit der Schuldner nach Art. 240 § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch macht und der Gläubiger dem nach Art. 240 § 1 Abs. 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes entgegentritt, kann der Schuldner kündigen, Art. 240 § 1 Abs. 3 Satz 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes.

Da zumindest nicht ausdrücklich von einer außerordentlichen Kündigung Rede ist, stellt sich die Frage, ob deswegen eine ordentliche Kündigung gemeint ist. Da der Schuldner ein Dauerschuldverhältnis jedoch immer ordentlich kündigen kann, dürfte wohl eine außerordentliche Kündigung gemeint sein. Dafür spricht insbesondere, dass in den Gründen (BT-Drucksache 19/18110, Seite 35) ausdrücklich § 628 BGB genannt wird.

Die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen sind zu bezahlen. Der Dienstverpflichtete (als Gläubiger) trägt nach § 628 BGB indes das Risiko, dass die Leistungen nicht zu vergüten sind, wenn dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht zustand und (!) die Leistung infolge der Kündigung für den Schuldner nicht mehr von Interesse ist. Zudem drohen dann Schadenersatzansprüche des Schuldners nach § 628 II BGB.

 

4.4 Wesentliche Dauerschuldverhältnisse

Es stellt sich die Frage, was mit „wesentlichen“ Dauerschuldverhältnissen gemeint ist. Der Begriff der Wesentlichkeit findet sich im BGB an den verschiedensten Stellen (§ 847 BGB, § 2087 BGB, § 906 BGB, § 946 BGB, § 309 Nr. 15 BGB, § 312 j BGB, § 649 BGB), so dass jedenfalls keine einheitliche, regelungsübergreifende Definition des Begriffes existiert. Durch die unterschiedliche Formulierung in Art. 240 § 1 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes stellt sich zudem die Frage, ob unterschiedliche Merkmale vorliegen müssen.

Im Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 19/18110 vom 24.03.2020) steht zur Begründung:

Seite 1: Damit wird für Verbraucher und (!) Kleinstunternehmer gewährleistet, dass sie etwa von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, Wasser) nicht abgeschnitten werden, weil sie ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen können.

Seite 4: Damit wird für Verbraucher und Kleinstunternehmer gewährleistet, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekomm., … Wasser) nicht abgeschnitten werden, …

Seite 18: Damit wird für Verbraucher und Kleinstunternehmer gewährleistet, dass sie insbesondere von Leistungen der Grundversorgung (Strom, Gas, Telekomm., … Wasser) nicht abgeschnitten werden, …

Seite 34: … Hierzu zählen etwa alle Pflichtversicherungen, Verträge über die Lieferung von Strom, Gas, Telekommunikationsdiente, … Wasserver- und -entsorgung. … Das Leistungsverweigerungsrecht für Kleinstunternehmen besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebes erforderlich sind. Auch hier gehören Pflichtversicherungen, Verträge über die Lieferung von Strom, Gas, Telekommunikationsdiente, … Wasserver- und -entsorgung zu solchen Leistungen.

Sonach können nach unserer Auffassung entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift und im Einklang mit der Begründung des Gesetzestextes nur solche Dauerschuldverhältnisse gemeint sein, die für den weiteren Betrieb unerlässlich sind, weil die Nichterfüllung der jeweiligen Gegenleistung unmittelbar und zeitnah zum Betriebsstillstand führen würde.

Damit handelt es sich nicht um wesentliche Dauerschuldverhältnisse, wenn diese Leistungen betreffen, deren Nichterbringung vielleicht negative Folgen haben mögen, jedoch nicht unmittelbar zum Betriebsstillstand führen, sondern ggf. auch nachgeholt werden können (wie z. B. laufende Verträge zur Erstellung von Lohn- und Umsatzsteuerabrechnungen). Das muss erst Recht für alle Leistungen gelten, die der Schuldner ggf. auch selber erbringen kann und für die er nicht zwingend die (vergütungspflichtige) Leistung eines Dritten benötigt.

 

4.5 Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts

Der Schuldner muss dann das Leistungsverweigerungsrecht als einseitiges Gestaltungsrecht einredeweise geltend machen (BT-Drucksache 19/18110 vom 24.03.2020, Seite 35 oben). Es besteht also nicht von alleine, sondern der Schuldner muss dem Gläubiger gegenüber eine Erklärung abgeben. Von Glaubhaftmachung der Gründe ist in § 1 zwar nicht die Rede. Gleichwohl muss der Schuldner sich nicht nur auf das Recht berufen, sondern die Gründe auch belegen (a.a.O.), was „insbesondere dann von Bedeutung sein wird, wenn der Gläubiger anzweifelt, dass dem Schuldner gerade wegen der Pandemie seine Leistungserbringung nicht möglich ist“.

Insofern spricht vieles dafür, dass für den Umfang der vom Schuldner anzugebenden Tatsachen gilt, dass der Schuldner:

  • die Verursachung der Leistungsunfähigkeit durch die Pandemie
  • vorhandene Liquidität und
  • zu erzielende Liquidität sowie
  • Anstrengungen zur Erlangung von Zuschüssen und anderen Förderungen
  • andere Anstrengungen zur einfacheren, bzw. gefahrloseren Erlangung von Liquidität (Stundungsanträge an das Finanzamt, Nichtzahlung von Mieten und Darlehensraten),

zu erklären und durch geeignete Unterlagen zu belegen hat.

Denn der Gläubiger muss in die Lage versetzt werden, seinerseits zu prüfen, ob ihm dieses Leistungsverweigerungsrecht zumutbar ist (nachfolgend unter Ziff. 4.6). Insoweit wird man vom Schuldner als „Beleg“ zumindest auch eine Liquiditätsvorschau verlangen dürfen, die die vorgenannten Punkte mitberücksichtigt.

 

4.6 Ausnahmeregelung für den Gläubiger

Schließlich besteht auch für den Gläubiger eine Ausnahme in Art. 240 § 1 Abs. 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes. In den Gründen (BT-Drucksache 19/18110, Seite 35) wird ausdrücklich zugestanden, dass Art. 240 § 1 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes 1 einen schwerwiegenden Eingriff in Art. 2 I GG darstellt:

„In den Fällen, in denen ein Leistungsaufschub aus Sicht des Gläubigers zu Ergebnissen führt, die so unzumutbar sind, wie es die Leistungserbringung für den Schuldner wäre, soll das Leistungsverweigerungsrecht nicht gelten.“

Der Schuldner kann also durch die Pandemie grundsätzlich nicht besser stehen als der Gläubiger. Soweit der Schuldner sich auf sein Verweigerungsrecht beruft und der Gläubiger geltend macht, es sei für ihn unzumutbar, müssen die Folgen abgewogen werden. Nur wenn die Folgen für den Schuldner härter als für den Gläubiger wären, steht dem Schuldner sein Verweigerungsrecht zu. Um jedoch beiden Vertragspartnern eine solche Abwägung zu ermöglichen, wird man dem Schuldner den o.g. Darlegungsumfang abverlangen können dürfen. Das bedeutet, dass zunächst beide Vertragspartner ihre Gründe geltend machen sollten.

Macht der Gläubiger Unzumutbarkeit geltend, kann der Schuldner kündigen, Art. 240 § 1 Abs. 4 Satz 3 EGBGB in der Fassung des COVID-19 Gesetzes. In den Gründen (BT-Drucksache 19/18110, Seite 35) wird zudem für den Fall, dass der Gläubiger die Unzumutbarkeit geltend macht, der Schuldner bei Dienstverträgen ausdrücklich auf § 628 BGB hingewiesen (s.o.).

 

5. Abschließende Überlegungen

Die Initiative des Gesetzgebers ist ausdrücklich zu begrüßen. Sie bietet betroffenen Schuldnern zunächst ein sinnvolles Instrument, um sich mit den bestehenden oder drohenden Liquiditätsschwierigkeiten arrangieren zu können. Die Tatsache, dass die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt wurde, unterstützt dies. Wie vielen Mietern die Regelung hilft, wird sich zeigen.

Der Schutz des Schuldners kann aber – und wird es wohl auch – den Gläubiger wesentlich schädigen. Als Gläubiger wird man aber – wie es die Medien vielleicht Glauben machen – nicht schutzlos gestellt, wenn der Schuldner geltend macht, er sei wegen der Pandemie zur Zahlung nicht in der Lage und dürfe ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht ausüben. Unabhängig davon, dass es jedem Gläubiger natürlich freisteht, aus Billigkeitsgründen vorübergehend auf eine Zahlung fälliger Vergütungen zu verzichten, sollte der angesprochene Gläubiger mitberücksichtigen, dass ihn ein Totalausfall der Forderung aufgrund der Pandemie letztlich mehr schädigt als die lediglich vorübergehende Nichtzahlung ohne Verzugsfolgen.

Dem Schuldner ist zu raten, dass er sein Leistungsverweigerungsrecht jedenfalls so ausführlich begründet und mit Unterlagen belegt, wie es sein Kenntnisstand zulässt. Soweit der Schuldner Zuschüsse und Darlehen für solche Kosten beantragt hat oder beantragen kann, endet das Zurückbehaltungsrecht jedenfalls mit der tatsächlichen oder voraussichtlichen Auszahlung der Mittel. Eindringlich gewarnt sei davor, sich Mittel ausbezahlen zu lassen und damit die zur Begründung angeführten Kosten nicht auszugleichen. Denn das Hochwasser 2002 hat gezeigt, dass Fördermittel schnell und unbürokratisch ausbezahlt wurden, die Kontrolle hinterher (und zwar jahrelang) sehr streng verfolgt wurde und Zweifelsfälle konsequent zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gebracht wurden.

Gläubiger werden umgekehrt ihren Schuldner zunächst dahingehend sensibilisieren müssen, dass ggf. nach dem Text der Begründung des Gesetzesentwurfes nicht davon auszugehen ist, dass es sich überhaupt um ein wesentliches Dauerschuldverhältnis handelt. Soweit der Schuldner auf sein Recht bestehen sollte, wird man von ihm (soweit Zweifel an den Voraussetzungen im Übrigen bestehen) zunächst die Vorlage von Belegen verlangen müssen, die den Gläubiger in die Lage versetzt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechtes vorliegen oder nicht. Sollte diese Prüfung zu Gunsten des Schuldners zu einem möglichen Leistungsverweigerungsrecht führen, kann der Gläubiger prüfen, inwieweit wegen der Unzumutbarkeit auf seiner Seite eine gesetzliche Ausnahme von dem Leistungsverweigerungsrecht besteht und dies gegenüber dem Schuldner ebenfalls nachvollziehbar erläutern, bzw. belegen. Erst dann ist die nötige Abwägung möglich, wen das jeweilige Recht härter trifft.

Letztlich trifft den Schuldner, der sein vermeintliches Recht zu Unrecht ausübt, das Risiko, dass die Leistung nicht erbracht wird oder das Dauerschuldverhältnis wegen Zahlungsverzuges gekündigt wird. Den Gläubiger wiederum, der sein vermeintliches Recht zu Unrecht ausübt, trifft das Risiko, auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden.

Wie sich aus den vorstehenden Hinweisen ergibt, handelt es sich hinsichtlich des Vertragsrechts um komplexe Fragestellungen, die mit dem COVID-19-Gesetz einhergehen. Unsere Kanzlei steht Ihnen bei der Lösung dieser Fragen gern zur Seite. Ihr kompetenter und erfahrener Ansprechpartner bei allen Angelegenheiten zum Vertragsrecht ist dabei unser Kollege Herr RA Boris Burtin.Weiterlesen