Mindestsätze der HOAI gelten bis Ende 2020!


Architekten und Ingenieure können die Differenz zwischen vereinbartem Honorar und dem Mindestsatzhonorar nach der HOAI (Fassung bis Ende 2020) gegen den Auftraggeber geltend machen („Aufstockungsklage“). Bisher war umstritten, ob wegen des Vertragsverletzungsurteils des EuGH gegen die Bundesrepublik die Mindestsätze der HOAI bis zur Neufassung zum 01.01.2021 überhaupt noch anzuwenden sind. Das hat der EuGH nun am 18.01.2022 (Rs.-261/20) zu Gunsten der Architekten entschieden.

 

Architekten/Ingenieure können Mindestsätze fordern, wenn das vereinbarte Honorar geringer ist

Für Architektenverträge bis Ende 2020 galt das Verbot der Unterschreitung der Mindestsätze durch ein vereinbartes Honorar (HOAI, Fassung 2013). Der Architekt kann in diesen Fällen die „Aufstockung“ seines Honorars verlangen, wenn das vereinbarte Honorar darunterbleibt. Am 14.07.2019 hatte der EuGH festgestellt, dass der Bund mit dieser Regelung gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt. Nach dieser Entscheidung war umstritten, ob diese Entscheidung unmittelbare Wirkung auf die Ansprüche des Architekten gegen seinen Auftraggeber habe. Das OLG Dresden hatte diese Frage beispielsweise am 30.01.2020 noch verneint (AZ 10 U 1402/17). Der EuGH sieht das genauso.

Aufstockungsforderungen für Rechnungen aus 2019 verjähren 2022!

Nur weil der EuGH feststellt, dass eine Regelung in der HOAI gegen EU-Recht verstößt, bedeutet das nicht, dass diese Regel von den Parteien eines Vertrages oder von deutschen Gerichten nicht anzuwenden ist. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung ist nicht möglich. Adressat der Richtlinie ist der Mitgliedsstaat, nicht der Einzelne.

Für Honorarforderungen, die noch nicht eingeklagt wurden, droht also, wenn die Schlussrechnung 2019 erstellt wurde (und somit fällig wurde), Ende 2022 die Verjährung.

Der Auftraggeber hingegen – so der EuGH – könne ggf. wegen der Vertragsverletzung des Bundes vom Bund Schadenersatz fordern, weil der Bund die EU-Richtlinie in der HOAI Fassung 2009 und 2013 fehlerhaft umgesetzt habe.

Praxistipp:

Bereits laufende Klagen können nun durch die deutschen Zivilgerichte entschieden werden. Honorarrechnungen, die seit 2019 fällig wurden, können darauf überprüft werden, ob die Berechnung nach den Mindestsätzen der HOAI (in den Fassungen 2009 und 2013) zu einem höheren Vergütungsanspruch führt.

Stand: 24.02.2022

Ansprechpartner:

Boris Burtin (Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht)

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