Rechtmäßigkeit der Neuberechnung der Grundsteuer bleibt umstritten

Die Finanzgerichte Sachsen und Rheinland-Pfalz entscheiden unterschiedlich zur Rechtmäßigkeit der Berechnungsverfahren zur Grundsteuer

Die Grundsteuerberechnung ist und bleibt seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 problematisch.

So haben kürzlich die Finanzgerichte in Sachsen und Rheinland-Pfalz zu der Frage, ob die Wertermittlung zur Neuberechnung der Grundsteuer rechtmäßig ist, unterschiedlich entschieden.

Finanzgericht Sachsen hält das Berechnungsverfahren für unbedenklich

In Sachsen klagte ein Grundstückseigentümer gegen seinen Bescheid über den Grundsteuerwert zum 1. Januar 2022 und den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag zum 1. Januar 2025.

Das Finanzgericht Sachsen entschied mit Urteil vom 24.10.2023 (2 K 574/23), dass die den Bescheiden zugrundeliegenden Regelungen rechtmäßig seien und keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterlägen.

Zum einen gebe es keine Bedenken, dass die Bodenrichtwerte von einem Gutachterausschuss festgelegt werden, dem u.a. Mitarbeiter des Finanzamtes angehören. Eine weitergehende Begründung des Finanzgerichtes gibt es hierzu nicht.

Zum anderen dürfen bei der Berechnung der Mieterträge pauschale und durchschnittliche Werte angesetzt werden. Die typisierten, hypothetischen Mieterträge sind die Grundlage für die Feststellung des Grundsteuerwertes. Die Bemessung setzt sich aus Gruppen der Kriterien Grundstücksart, Wohnfläche sowie Baujahr zusammen. Dies dient der Vereinfachung des Verfahrens aufgrund der Vielzahl von Grundstücken. Eine weitere Differenzierung nach konkreten Ausstattungsmerkmalen sei laut Finanzgericht Sachsen nicht erforderlich.

Ernstliche Zweifel des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz an der Rechtmäßigkeit

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Eilverfahren gegen die Wertermittlungsbescheide einen Monat später (Beschluss vom 23.11.2023 – 4 V 1295/223) hingegen mehrere Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Wertermittlung geäußert.

Wegen des Einflusses der Finanzverwaltung im Gutachterausschusses habe das Finanzgericht erhebliche Zweifel an dessen Unabhängigkeit. Außerdem erachtet das Gericht die Datenqualität, die der Ausschuss bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte zugrunde legte, als unzureichend.

Des Weiteren bemängelt das Gericht die pauschale Feststellung der Grundstückswerte. Die Feststellung durch den typisierten Mietertragswert anhand der drei Kriterien habe zur Folge, dass der Grundstückswert im konkreten, streitgegenständlichen Fall zu hoch angesetzt sei. Das Finanzamt erlaubt keine eigene individuelle Sachprüfung der Grundstückswerte. Dadurch habe der Grundstückseigentümer keinen Individualrechtsschutz. Dies sei verfassungsrechtlich bedenklich.

Wie geht es weiter?

Gegen beide Entscheidungen wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Jedes Bundesland kann seine Grundsteuermessbetragswerte aufgrund eigener Regelungen bemessen. Rheinland-Pfalz, Sachsen sowie weitere neun Bundesländer nutzen jedoch mit kleineren Abweichungen das gleiche Berechnungsmodell (sog. Bundesmodell). Eine einheitliche Rechtsprechung bleibt somit abzuwarten. Im Verfahren in Rheinland-Pfalz wurde die Vollziehung ausgesetzt und es werden bis auf Weiteres keine Bescheide mehr verschickt.

Praxistipp:

Für Grundstückseigentümer aus Sachsen, die Einspruch gegen ihren Grundsteuermessbetragsbescheid eingelegt bzw. geklagt haben oder dies noch vorhaben, heißt das, es bestehen trotz des Urteils des Finanzgerichts Sachsen weiterhin Erfolgsaussichten.

Bei laufenden Einsprüchen sollte zudem das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Wir gehen davon aus, dass die Finanzverwaltung in Sachsen das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des BFH aufrechterhalten wird, die es abzuwarten bleibt.

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Unterstützung im Einspruchs- und Klageverfahren gegen Ihren Bescheid über Grundsteuerwert bzw. Grundsteuermessbetrag benötigen.

Stand: 11.12.2023

Ansprechpartner:

Ralf Stölzel (Rechtsanwalt / Steuerberater)

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