Keine Besteuerung bei Verkauf geerbter Immobilie

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) ändert seine Rechtsprechung und entscheidet, dass der Verkauf einer zur Erbmasse gehörenden Immobilie wirtschaftlich nicht identisch mit dem Erwerb der entsprechenden Erbanteile ist. Der Gewinn aus dem Verkauf ist somit nicht steuerpflichtig.

 

Finanzamt besteuerte den Verkauf geerbter Immobilie

Ein Mann erbte gemeinsam mit seinen zwei Kindern 2015 eine Immobilie von seiner verstorbenen Frau. Im Rahmen der Auseinandersetzung übertrugen die Kinder 2017 ihre Erbanteile zunächst an einen Dritten, der sie wiederum nach Ausübung eines Vorkaufsrechts an den Mann übertrug. Da er sodann alle Erbanteile besaß, wurde der Mann Alleineigentümer der Immobilie und veräußerte das Grundstück 2018. Das Finanzamt besteuerte den Gewinn aus dem Verkauf.

Grundlage der Besteuerung war, dass Wertänderungen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer unterfallen. Liegt der Verkaufspreis einer Immobilie über den Anschaffungskosten, liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor, wenn die Immobilie kürzer als 10 Jahre gehalten wird.

Der BFH sieht in der Erbschaft kein dem Verkauf identisches Erwerbsgeschäft

Der BFH hat mit Urteil vom 26.09.2023 (IX R 13/22) entschieden, dass der Erwerb der Erbanteile keine Anschaffung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist. Das angeschaffte und das veräußerte Wirtschaftsgut müssen identisch sein. Der Erbanteil und das Eigentum am Grundstück seien laut BFH jedoch nicht gleichartig und gleichwertig, mithin nicht identisch. Selbst wenn die Anschaffung des Erbanteils letztlich in der Eigentümerstellung am Grundstück mündet, widerspreche eine Identität einerseits dem Wortlaut und andererseits dem Sinn und Zweck der Norm. Dementsprechend werde der Gewinn auch bei einer Haltedauer unter 10 Jahren nicht versteuert. Der BFH ändert damit seine bisherige Rechtsprechung (BFH Urteil v. 16.03.2004 – VIII R 48/98).

Praxistipp:

Bei Immobiliengeschäften ist grundsätzlich die Haltefrist von 10 Jahren zu beachten, um auf den Gewinn keine Steuern zahlen zu müssen. Sofern Sie eine Immobilie unmittelbar erben, wurde der Verkauf auch vor der Entscheidung nicht besteuert. Nun ändert der BFH seine Rechtsprechung dahingehend, dass dies auch der Fall ist, wenn der Erbanteil erworben und nicht geerbt wird.

Zu beachten ist, dass sich die zivilrechtliche Rechtslage für Personengesellschaften wie z. B. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder OHG und KG seit dem 01.01.2024 geändert hat. Diese Gesellschaften haben seit dem 01.01.2024 kein Gesamthandsvermögen mehr, sondern ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Ob sich dies auf die Besteuerung von Spekulationsgewinnen auswirkt, wenn Anteile an Personengesellschaften erworben oder veräußert werden, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Erbengemeinschaft bleibt hingegen auch nach dem 31.12.2023 eine nicht rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft, sodass das BFH-Urteil auch in aktuellen Fällen gelten dürfte.

Verfahrensgang:

BFH, Urteil v. 26.09.2023 – IX R 13/22

FG München, Urteil v. 21.07.2021 – 1 K 2127/20

Stand: 22.02.2024

Ansprechpartner:

Ralf Stölzel (Rechtsanwalt, Steuerberater)

Kontaktdaten:

kontakt@stoelzel-gbr.de

+49 (0)351 486 70 70

Veröffentlicht in Steuerrecht.