Unerlaubte Verwendung von Mitarbeiterfotos und Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO – TEIL 1

Darf der Arbeitgeber auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Fotos von Mitarbeiter*innen zu Werbezwecken nutzen? Das geht nur mit Zustimmung.

Nutzt der Arbeitgeber die Fotos ohne Zustimmung unautorisiert weiter, ist er verpflichtet, Schadensersatz zu zahlen – so das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 27.07.2023 (Az.: 3 Sa 33/22).

Nutzung von Film- und Fotoaufnahmen nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis

Geklagt hatte ein Werbetechniker, dessen Aufgaben darin bestanden, Schulungen für Mitarbeiter*innen seines Arbeitgebers sowie für Externe anzubieten. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses wurden mit Einverständnis des Arbeitnehmers zahlreiche Fotos und ein vierminütiges Werbevideo von ihm bei der Arbeit produziert, das den Kläger als Schulungsleiter „in Aktion“ zeigte. Das Foto- und Videomaterial wurde auf der Firmenwebseite, im Google My Business Account und auf der Facebook-Seite des Arbeitgebers beworben. Zu finden war das Video auch auf YouTube. Der Arbeitnehmer kündigte und wechselte zu einem Mitbewerber seines ehemaligen Arbeitgebers.

Auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers nutzte der Arbeitgeber das Bildmaterial für eigene, kommerzielle Zwecke weiter, obwohl der Arbeitnehmer seinen ehemaligen Arbeitgeber mehrfach kontaktiert und zur Löschung der Fotos und Videos aufgefordert hatte. Erst als der Arbeitgeber ein anwaltliches Schreiben erhielt, reagierte dieser und entfernte das Bildmaterial. Das war allerdings erst fast neun Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Erhebliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch Nutzung der Film- und Fotoaufnahmen nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis?

Der Arbeitnehmer sah in dem Verhalten seines vormaligen Arbeitgebers eine absichtliche Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Da er bei seinem neuen Arbeitgeber eine vergleichbare Position bekleidete, seien die Auswirkungen des Verstoßes für ihn sehr empfindlich gewesen, da durch das Foto- und Videomaterial mit ihm in prominenter Darstellung der Eindruck vermittelt worden sei, dass er noch immer seinen früheren Arbeitgeber repräsentiere. Bei seinem neuen Arbeitgeber, einem Mitbewerber, sei ihm die Werbung seines früheren Arbeitgebers mit seinem Konterfei als Illoyalität unterstellt worden.

Schadensersatz für unberechtigte Nutzung der Mitarbeiterfotos nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsgericht Pforzheim entschied wegen der eingetretenen Persönlichkeitsverletzung zugunsten des Arbeitnehmers und sprach dem Kläger erstinstanzlich einen Schadensersatz von EUR 3.000,00 zu. Auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg schloss sich dieser Ansicht an. Durch die unautorisierte Nutzung von Film- und Fotoaufnahmen, auf denen der Arbeitnehmer erkennbar war, ist der Arbeitgeber wegen Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 82 Abs. 1 DSGVO zur Zahlung von Schadensersatz bzw. zur Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet.

Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles und wegen der Intensität der Persönlichkeitsverletzung über einen längeren Zeitraum sprach das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dem Arbeitnehmer in der Berufungsinstanz allerdings nicht nur EUR 3.000,00, sondern sogar EUR 10.000,00 Schadensersatz zu. Dabei berücksichtigte das Gericht bei der Höhe der zu zahlenden Entschädigung, dass der frühere Arbeitgeber mit der Verwendung des Bildmaterials zu kommerziellen Zwecken Gewinne erzielte. Auch führte das Gericht aus, dass in solchen Fällen von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen muss.

Praxistipp:

Das Recht am eigenen Bild gilt auch am Arbeitsplatz. Neben den Regelungen des Kunsturhebergesetzes ist hier zwingend auch der Datenschutz zu beachten. Danach hat der Arbeitgeber für die Veröffentlichung von Aufnahmen immer eine schriftliche Einwilligung der abgelichteten Mitarbeiter*innen einzuholen.

So ist auch unverzüglich nach Ausscheiden von Mitarbeiter*innen aus dem Unternehmen zu prüfen, ob noch Fotos oder Videos zu Werbezwecken genutzt werden und, falls ja, ob es hierfür eine rechtliche Grundlage gibt. Um keine Schadensersatzansprüche der ausgeschiedenen Mitarbeiter*innen zu riskieren, sollte hier anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Verfahrensgang:

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2023, Az. 3 Sa 33/22

Arbeitsgericht Pforzheim, Urteil vom 23.02.2022, Az. 5 Ca 222/21

Stand:06.11.2023

Ansprechpartner:

Sabine Stölzel (Rechtsanwältin)

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