Update zur Arbeitszeiterfassung

Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 13.09.2022 (Az. 1 ABR 22/21) festgestellt hat, dass jeder Arbeitgeber gesetzlich zur Erfassung der gesamten Arbeitszeiten verpflichtet ist, hat das Bundesministerium für Arbeit nunmehr einen Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes und anderer Vorschriften veröffentlicht.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Ausgangspunkt war der vorgenannte Beschluss des BAG vom 13.09.2022, in welchem dieses feststellte, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung eines Zeiterfassungssystems aus dem Grund nicht bestehe, da es hierfür bereits eine gesetzliche Verpflichtung gibt. Wir hatten in unserem Beitrag zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung bereits darüber berichtet.

Das BAG hatte die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung darin aus der unionsrechtskonformen Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) abgeleitet. Das Arbeitszeitgesetz selbst sieht in seiner aktuellen Fassung nur vor, dass eine über acht Stunden täglich hinausgehende Arbeitszeit zu erfassen ist.

Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat nunmehr am 18.04.2023 einen Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes veröffentlicht, durch welchen die Vorgaben des BAG sowie des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung näher ausgestaltet werden.

Demnach werden Arbeitgeber künftig verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen. Die Art und Weise der elektronischen Aufzeichnung wird dabei nicht näher bestimmt, sodass dies sowohl durch Zeiterfassungsprogramme als auch Apps oder Computerprogramme (z.B. Excel-Tabellen) umgesetzt werden kann.

Auch kann der Arbeitgeber diese Pflicht auf Dritte, damit den Arbeitnehmer, delegieren. Der Arbeitgeber bleibt jedoch verantwortlich und hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden.

Der Arbeitnehmer hat einen Auskunftsanspruch über die aufgezeichneten Arbeitszeiten und kann eine Kopie der Aufzeichnungen verlangen. Der Betriebsrat hat ein Einsichtsrecht in die Arbeitszeitaufzeichnungen. Die Arbeitszeitnachweise sind mindestens zwei Jahre vom Arbeitgeber aufzubewahren. Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten, bei Bauleistungen auf der Baustelle.

Übergangsregelungen und Ausnahmen

Der Referentenentwurf sieht eine Öffnungsklausel für abweichende Regelungen durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung vor, und zwar in Bezug auf die elektronische Form und den Zeitpunkt der Aufzeichnungspflicht, welcher damit bis zu sieben Tage hinausgeschoben werden kann.

Arbeitgeber, die nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, können weiterhin die Arbeitszeiten in nichtelektronischer Form erfassen. Um aber allen anderen Arbeitgebern Zeit für die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zu geben, werden Übergangsfristen – je nach Betriebsgröße zwischen einem bis zu fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes – eingeräumt. Diese Übergangsregelung gilt -wohlgemerkt- nur für die Einführung der elektronischen Form, nicht aber für die Pflicht zur Zeiterfassung als solche.

Praxistipp:

Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz – unter Umständen mit einigen Modifikationen – zeitnah eingebracht und in Kraft treten wird. Eine Belehrung der Arbeitnehmer sowohl über die Erfassungspflicht als auch über die Vorschriften hinsichtlich Höchstarbeitszeit sowie Pausen- und Ruhezeiten ist wichtiger denn je. Aufzeichnungen sollten regelmäßig kontrolliert und ein System zu Meldungen über Verstöße eingerichtet werden. Es bleibt zudem abzuwarten, ob auch für Leitende Angestellte eine Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat. Da der Referentenentwurf die Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung durch das ArbZG begründet, wären Leitende Angestellte -anders als im ArbSchG- von der Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung ausgenommen. Ob diese für die Praxis äußerst wichtige Frage noch rechtzeitig bis zum Inkrafttreten des Gesetzes geklärt werden kann, ist nur zu hoffen.

Stand: 16.06.2023

Ansprechpartner:

Sabine Stölzel (Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht)

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